Hallo liebe Piraten, Genossen und Kameraden!
Auch auf die Gefahr hin, dass ein „anarchistischer“ Mob mit Parlamentsmandat nun in Berlin freidreht, die CDU-Uboote jauchzen und Piraten ggf. irritiert geradezu ungläubig auf diesen Text starren. Ja, Ich habe Euch soeben zusammen gegrüsst. Ich, den kaum einer persönlich kennt, aber über den jeder meint eine vor dem Erstkontakt festgelegte Meinung zu haben. Ich. Ich bin aber auch derjenige der seit nunmehr 30 Jahren Pirat ist. Ich bin auch derjenige der bereits seit 2008 Mitglied ist und damit länger als die meisten derer welche sich berufen fühlen episch lange Blogbeiträge über die Piraten von „2009“ zu schreiben. Wohlgemerkt, nachdem sie in der Regel erst 2011 oder 2012 beigetreten sind. Ich fürchte allerdings dass auch dieser Beitrag die von vielen gewohnten 140 Zeichen „etwas“ überschreiten wird.
Aber ich will nicht abschweifen. Warum habe ich Euch verschiedene Strömungen gerade gegrüsst und dies durchaus aufrichtig? Das ist ganz einfach. Ich habe ein paar sehr gute Nachrichten für Euch. Nein Olli, ich trete nicht aus und überlass Dir und Deinen soziopathischen Freunden die Parteikasse. Also gut los:
- Die Piraten haben KEINEN Richtungsstreit!
- Die Piratenpartei ist eine auf Pluralismus und Partizipation ausgerichtete Partei!
- Unsere gegenwärtige desolate Situation ist der Tolerierung von disozialen und gewaltbereiten Methoden im innerparteilichen Diskurs bzw in der Mehrheitsfindung geschuldet.
Wenn Euch jemand von „Flügelkämpfen“ oder gerne auch vom Richtungsstreit was erzählen will, lacht die Person aus. Als Pirat lachen wir über solche durchschaubaren Derailing-Versuche. Sie sind allein dem Versuch geschuldet von der innerparteilich allgegenwärtigen Gewalt abzulenken.
Die Piratenpartei ist eine pluralistische Partei. Die Piratenpartei wollte von je her politischen Strömungen aus ALLEN „Richtungen“ eine Heimat bieten. Um dies besonders zu unterstreichen aber auch zu fördern, hat die Piratenpartei ausdrücklich erlaubt, dass Mitglieder gleichzeitig Mitglied in einer anderen Partei sein dürfen. Einzige Vorraussetzung, sie muss mit Paragraph 1 unserer Bundessatzung sich vereinbaren lassen. Auf die Mehrzahl der demokratischen bzw zugelassenen Parteien trifft dies zu. Von daher sind jegliche „Unvereinbarkeitserklärungen“ bezüglich Mitgliedschaften in anderen Parteien kompletter Unsinn. Entweder sie genügen §1 Bundessatzung oder eben nicht. Wenn sie genügen ist die Mitgliedschaft, egal ob linke oder erzkonservative Ausrichtung, in so einer Partei zulässig.
Diese gewollte politische Pluralität innerhalb der Partei ist wichtigen Grundkonzepten der Piratenpartei bzw. der Piraten-Bewegung geschuldet:
- Partizipation
- Thinktank
Piraten wollten von je her immer die Partizipation des Bürger am politischen Willensprozess fördern. Wir Piraten wollten im Gegensatz zu den Altparteien diesen in jeder Parteisatzung vorhandenen Anspruch auch umsetzen und tatsächlich fördern. Wer die Entwicklung der Piratenpartei welche aus der Piraten-Bewegung entstanden ist bis 2009/2010 beobachtet hat, wird feststellen, dass dies auch tatsächlich und auch gegenüber Pressevertretern immer wieder betont wurde.
Die hohe Partizipations-Rate bzw. die niedrigen Partizipation-Hürden haben uns auch sehr attraktiv gemacht. Viele Bürger machten mit. Wir sprachen selbst von der „Mitmachpartei“. Damit war eben auch gemeint, dass egal ob ein Bürger Mitglied war oder nicht, oder von einer anderen Partei oder parteilos war, egal welche Herkunft der Mensch hatte oder welcher politischen Strömung er zuzuordnen war; wir Piraten haben diese Menschen diese Bürger mitgenommen, sie angehört, ihre Ideen aufgesaugt und sie gebündelt in Arbeitsgemeinschaften beackert und spontanen Aktionen umgesetzt. Das „piratige Mandat“ war eine Triebfeder für politischen, aber piratigen, Aktionismus. Jede unangemeldete Aktion zeichnete sich dadurch aus dass Kernthemen wie Menschenrechte, Grundrechte, Datenschutz, Netzpolitik usw. thematisiert wurden. Wir Piraten waren unglaublich kreativ! Das lag an der Pluralität, das lag daran dass wir niemanden ausschlossen oder gar diskriminierten, das lag daran dass aus diesem Meer von Ideen aus allen politischen Strömungen, einem riesigen Thinktank, Ideen aufnahmen, sie durchkauten und nur die besten weiterverfolgten.
Hieraus begründet sich auch der Anspruch von Piraten Lösungen voranzutreiben, die nach sachlicher Prüfung die beste Lösung darstellen – und zwar völlig egal von welcher Strömung diese mal eingebracht wurde. Auch geht daraus hervor dass wenn wir keine vernünftige Lösung erarbeitet haben, wir uns auch keine neuen Felder erschliessen. Piraten reden nur über Dinge die sie verstehen und auch bezüglich Problemlösungen versorgen können. Nicht ohne Grund war ein Spruch von Dieter Nuhr ein viel zitiertes Motto der Piraten. Es lautet: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!“
Das sind Piraten. Und so bin ich auch heute noch. Mir ist es egal ob jemand seinen politischen Altar an der linken oder rechten Wand eines Raumes stellt oder ob er ihn mitten in den Raum platziert. Mich interessiert nur eins: dass jemand Menschenrechte, Grundrechte, unsere freiheitliche Grundordnung, die Gewaltenteilung, den Rechtsstaat und die Gleichheit aller vor diesem akzeptiert und respektiert. Mich interessieren Ideen, Argumente und Konzepte und wenn ich bisweilen hart diskutiere dann um diese zu prüfen. Denn wenn diese nicht einmal eine harte Diskussion schadlos überstehen, sind diese in der Regel auch politisch kaum umzusetzen.
Nun gibt es aber Menschen in unserer Partei, welche den demokratischen und offenen Dialog scheuen. Diese versuchen durch Einschüchterung, Erpressung und Gewalt Mehrheiten zu generieren bzw. zu zementieren. Es ist nicht ungewöhnlich für vergleichsweise junge Parteien dass auch solche oft soziopathischen Menschen in die Partei geschwemmt werden. Entscheidend ist jedoch wie eine Partei mit diesen Personen umgeht. Toleriert sie deren Handeln? Schaut sie weg? Macht sie sich gemein mit diesen Personen oder wird die Partei ihrer Pflicht gegenüber ihren Mitgliedern gerecht und toleriert derartige Methoden nicht. Ich muss leider sagen, dass die Piratenpartei seit 2009/2010 sich entschlossen hatte, derartige Methoden zu tolerieren und sich ihrer auch zu bedienen. Es mag ein Zufall sein, aber schon damals war die treibende Feder der Landesverband Berlin, der diese Büchse der Pandora öffnete und in dem damaligen Bundesvorstands-Mitglied Thorsten Wirth jemand fand, der bereitwillig wegschaute.
Ich kenne viele Fälle in welchen Mitgliedern übel mitgespielt wurde. Das gesamte disoziale und gewalttätige Spektrum mussten diese Menschen erdulden und wurden dabei von ihrer Partei, die sie eigentlich vor derartigen innerparteilichen Entwicklungen zu schützen hätte, im Stich gelassen. Mir liegen diese Fälle allesamt vor, juristisch belastbar, aber ich werde selbstverständlich diese Fälle nicht ohne Einverständnis der Opfer öffentlich machen können. Auch weil viele bereits die Partei eben genau aus diesen Gründen verlassen haben. Auch weil sie mitunter existentiell bedroht wurden, indem man ihre Arbeitgeber anrief oder Unwahrheiten im geschäftlichen Umfeld streute. Deshalb schreibe ich wenn dann nur Beispiele wie es mir erging und auch noch heute ergeht.
Die bereits angesprochene Büchse der Pandora war ein auf dem ersten Blick unscheinbar und unvollkommenes Tool für eine Idee Namens Liquid Democracy. Das Tool hat den wenig kreativen Namen Liquid Feedback, oft auch kurz LQFB genannt. Nun war es nicht die bloße Existenz dieses noch in Entwicklung befindlichen Tools an sich, die ein Problem darstellte. Aber nachdem das Tool innerparteilich – in Berlin – vorgestellt wurde und die ersten Schwachstellen benannt wurden, begannen die Evangelisten des Tools einen großen Fehler.
Sie glaubten, wenn sie Kritiker diskreditieren könnten sie damit die Kritik am Tool schmälern und so eine höhere Akzeptanz des Tools erreichen. Insbesondere war von Interesse dass jegliche Kritik am Tool möglichst ungehört bliebe. Die erste Welle der Kritik wurde sprichwörtlich ausgesessen. Ein Helmut Kohl oder einer Angela Merkel oder ein Gerhard Schröder hätte es kaum besser vermocht. Viele Kritiker gaben dann auch auf, denn warum sollten sie sich weiter einbringen, wenn offensichtlich Fragen nicht beantwortet wurden oder nicht einmal auf Argumente eingegangen wurde geschweige denn sie gelesen wurden. So dünnte die Scharr der Kritiker ihre Reihen aus. Als die Berliner LQFB Evangelisten feststellten dass noch immer Kritik geäußert wurde und beharrlich auf die Beantwortung von unbeantworteten Fragen bestanden wurde, wurden diese Kritiker kurzerhand zu „Demokratiefeinden“ erklärt. Erfahrene Techniker wurden Demokratiefeinde, international anerkannte Soziologen wurden Antisemiten und überhaupt waren allesamt Nazis, denn der aus AntiFa-Kreisen beliebte Brainwash-Spruch „Kein Fussbreit“ wurde gerne in Zusammenhang mit LQFB Kritikern verwendet.
Als auch dies nicht zum Exodus der Kritiker führte und noch immer einzelne (darunter ich) an ihrer Kritik festhielten und weiterhin Antworten auf legitime Fragen einforderten wurde die systematische Rufmordkampagne gestartet. Wir LQFB Kritiker wurden fortan als „rechts“, „Naziversteher“, „Querfrontler“, „Demokratiefeinde“, „Rassisten“, „Antisemiten“ usw verleumdet. Nicht via Twitter, wie jetzt viele vielleicht denken. Nein, afk (away from keyboard=Nicht am Rechner=Offline aka RL=Reallife=im echten Leben)!
Mittlerweile war dieser extrem aggressive Stil der Berliner LQFB Evangelisten in der gesamten Bundespartei bekannt. Selbst die Bayern schüttelten den Kopf ob des Dogmatismus der in Berlin bezüglich LQFB gelebt wurde. In Berlin galt es als Gotteslästerung irgendetwas negatives über LQFB zu sagen oder nur zu schreiben.
Der Landesvorstand von Berlin von 2009 aber auch von 2010 wusste nicht nur von diesen Entwicklungen sondern war eine treibende Kraft dieser Entwicklungen. Hier wurde von Amtsträgern nicht nur die Pflicht die Mitglieder vor derartigen Entwicklungen zu schützen sträflich missachtet. Nein, schlimmer noch waren sie es selbst die das Vertrauen der Mitglieder verrieten und auf den eigenen Erfolg und die eigene Agenda fokussiert vorsätzlich Grundrechte und Menschenrechte der Gliederungs-Mitglieder mit Füssen traten.
Ich war zu der Zeit bereits stellvertretender Bundespressesprecher und stellv. Leiter der Bundespressestelle und deshalb im Bund sehr gut vernetzt. Ich hatte also ein recht gutes Bild bezüglich der Außenwirkung des Landesverband Berlin. Beinahe überall war der neue dogmatische und aggressive Stil des LV Berlin aufgefallen. Viele aber waren sich wohl der Tragweite dieser Entwicklung noch nicht im Klaren.
Als der LV Berlin schließlich alles daran setzte „sein LQFB“ auch im Bund einzusetzen (in Berlin hatte man es zwischenzeitlich „durchgedrückt“) wurde die Gangart gegenüber Kritikern nochmal schärfer. Nun wurde auch aktiv intrigiert hinter den Kulissen. Ich werde mich wohl immer an eine „vertrauliche“ Aussprache des LaVo Berlin mit mir (dem mittlerweile damaligen Bundespressesprecher) erinnern, dessen Inhalt vorsätzlich falsch dann an Externe weitergetragen wurde um mir politisch zu schaden. Der LaVo Berlin schrieb damals einen Brief an den Bundesvorstand bzw. den für mich zuständigen Mitglied – Thorsten Wirth. Darin wurde allerhand Unsinniges behauptet und natürlich versicherten die LaVo Mitglieder sich gegenseitig die Korrektheit ihrer Ausführungen. Ich konnte aber glücklicherweise eine Tonaufnahme, meinen Zeugen, vorweisen, der all die Lügen zu meiner Person aus diesem Brief widerlegte. Thorsten Wirth wusste Bescheid wie der LV Berlin mit Mitgliedern umging, er und andere im Bundesvorstand 2009 wussten wie Personen (darunter ich) als „Nazi“ ,“Antisemit“, „Demokratiefeind“, „Naziversteher“ usw verrufmordet wurden. Aber nichts passierte. Andreas Popp, Jens Seipenbusch, Thorsten Wirth und Bernd Schlömer wussten Bescheid und taten nichts, obwohl sie versprachen der Sache nachzugehen. Fairerweise muss ich sagen, dass Jens Seipenbusch (den ich als Freund betrachte) sich später für seinen Fehler bei mir entschuldigte und ich diese annahm.
Das Signal an den LaVo Berlin und an die LQFB Evangelisten war fatal! Aus ihrer Sicht muss die Untätigkeit des Bundesvorstands wie eine Einladung geklungen haben, auch weiterhin Gewalt zum Ziele des Durchsetzen ihrer Agenda einzusetzen. Das war die Büchse der Pandora. Einer Gliederung und einer darin befindlichen damals noch überschaubaren Gruppe von Personen zu „erlauben“ Gewalt gegen Parteimitglieder einzusetzen um die eigene Agenda durchzusetzen und das ganze selbstverständlich ohne jegliche Sanktionierung für die Täter.
Als der in Bingen neu gewählte Bundesvorstand wieder – trotz Unterrichtung – nichts gegen diese Taten und dieser gefährlichen Entwicklung unternahm und im Zuge des CSD Berlin 2010 Planung es erneut zu schweren Verleumdungen von „Faxe“ durch den LaVo Berlin aber auch durch den Bundesvorstand 2010 kam, legte ich aus Gründen der Selbstachtung als Demokrat und Bürgerrechtler meine Beauftragung nieder. Ich konnte nicht mehr guten Gewissens für einen Vorstand arbeiten, der die Grundprinzipien eines jeden Piraten derart verriet. Schon damals prognostizierte ich sehr konkret und sehr genau den weiteren Verlauf dieser Entwicklungen. Leider sollte ich Recht behalten. Leider machten auch spätere Vorstände und Bundesvorstände sich dieser Methodiken und dieser Personenkreise gemein. Mittlerweile ist diese disoziale und mittlerweile extrem diskriminierende Art des Umgangs auch in anderen Landesverbänden vorhanden. Einige Anhänger dieser obsessiven Methoden haben sogar Mandate.
Wir müssen nun das tun was notwendig ist! Wir müssen die Versäumnisse seit 2010 aufarbeiten. Wir müssen „klare Kante“ zeigen gegen diese Methoden, gegen die Nutzniesser dieser Methoden und es darf keine Rolle spielen ob der Täter ein Mandat hat, ein Amt hat, eine Beauftragung hat, ein Freund ist. Wir müsse unsere Satzung wieder mit Leben füllen, indem wir sie VORleben. Indem wir unser Programm VORleben. Indem wir unsere Grundwerte VORleben. Vorher haben wir kein Recht uns Bürgerrechtler zu nennen. Vorher haben wir kein Recht uns Piraten zu nennen.
In Halle werden wir auf den außerordentlichen Bundesparteitag (aBPT) einen neuen Bundesvorstand wählen. Und wir sollten nicht bei diesem Neuanfang dieselben Fehler der Vergangenheit wiederholen. Lasst uns nicht leichtfertig unsere Satzung ignorieren. Entlasst nicht den bislang nicht mal durch das Bundesschiedsgericht legitimierten kommissarischen Bundesvorstand (kBuVo). Stellt nicht die ordnungsgemäße Ladung zum Bundesparteitag fest, denn sie verstieß gegen unsere Satzung. Gefährdet nicht ohne Not den aBPT und dessen Rechtssicherheit. Macht Bundesparteitage so unangreifbar wie möglich und hört auf das Gegenteil zu praktizieren.
Ich werde deshalb für den Bundesvorstand kandidieren, auch wenn benannte Kreise derzeit nichts unversucht lassen meine Kandidatur zu verhindern, zu bekämpfen oder mittels absichtlich sabotierten Grill-Events wie letzten Sonntag im Mumble zu beschädigen. Ich vertraue auf die Intelligenz und die intellektuelle Autonomie der Piraten.
Zeigt der Partei und zeigt der Öffentlichkeit, dass ihr gelernt habt. Ich schließe mit den piratigsten aber mittlerweile leider kaum noch anzutreffenden Worten bzw. der kaum noch anzutreffenden Praktizierung:
Denkt selbst! Informiert Euch selbst!
Und ich füge hinzu: Lebt als Piraten und ihr werdet beachtet. Lebt als Täter und ihr werdet scheitern. Schaut weg und ihr werdet an der Mitschuld zerbrechen.
Und ich sah das es gut war.