Wir empfehlen den restlichen Bundesvorständen dringend, eine kommissarische Vertretung rechtssicher zu ernennen und diese zu unterstützen.
Mit Feststellung der Handlungsunfähigkeit des in Bremen gewählten Vorstands nach Rücktritt dreier Vorstände vom 16.03.2014 wäre es bereits damals die satzungsmäßige Aufgabe der restlichen Vorstände gewesen, eine kommissarische Vertretung zu ernennen. Primäre Aufgabe dieser Vertretung wäre es gewesen, unverzüglich einen außerordentlichen Parteitag einzuberufen, der einzig der Wahl eines neuen Vorstands dient. Der Restvorstand hätte qualifizierte Leute ernennen müssen, die sich möglichst neutral um eine zügige Vorbereitung des außerordentlichen Parteitags hätten kümmern müssen. Notfalls sah die Satzung eine Verpflichtung des dienstältesten Landesvorstands zu dieser Aufgabe vor.
Statt eine kommissarische Vertretung zu ernennen, haben sich die verbliebenen Vorstände selbst ernannt. Dies ist rechtlich unzulässig, da sich Vertreter nicht rechtlich selbst begünstigen dürfen , vgl. § 181 BGB. Angesichts des erklärten Misstrauens durch die zurückgetretenen Vorstände, der vorangegangenen kritischen Stellungnahmen der Landesvorstände und dem Unmut der Basis war diese Eigenbegünstigung auch politisch unangemessen. Das aus Nichtjuristen zusammengesetzte BSG, dessen Angehörige unübersehbare Interessenkonflikte haben, weigert sich gegenwärtig, auf die rechtswidrige Eigenbenennung einzugehen.
Bei der Auswahl einer geeigneten Vertretung wäre zudem zu beachten gewesen, dass die Urlaubspläne der restlichen Bundesvorstände sowie deren schwache Koordination eine sachgerechte Vorbereitung oder kommissarische Vertretung im fraglichen Zeitraum nicht zuließen. Wie die inzwischen legendär gewordene „Vorstandssitzung“ vom 10.04.2014 und das Statement vom 25.04.2014 zeigen, sind die handelnden Personen der selbst auferlegten Aufgabe nicht gewachsen.
Auch nunmehr eineinhalb Monate nach der Handlungsunfähigkeit wurde noch immer kein außerordentlicher Parteitag einberufen (ein solcher wurde nur für Ende Juni angekündigt). Dies ist umso unverständlicher, als dass Piraten aus eigener Initiative unterschriftsreife Verträge für geeignete Veranstaltungshallen aushandelten und neben der angestammten Parteitagsorga längst eine alternative Orga bereitsteht. Man hätte nur zugreifen müssen. Diese Hilfe wurde ausgeschlagen, ebenso die von der ehemaligen Bundesschatzmeisterin angebotene Hilfe in ihrem Bereich. Stattdessen beklagten sich Wirth & Co. über „fehlende Hilfe“ …
Die angekündigte Vermischung eines außerordentlichen mit einem ordentlichen Parteitag ist unzulässig, da die Satzung aktuell lediglich einen außerordentlichen Parteitag zulässt, der gerade keinen anderen Zwecken als der Vorstandswahl dienen darf. Die Argumentation, man müsse auch die Prüfer neu wählen, rechtfertigt keinen ordentlichen Parteitag. Da die Amtsperiode der Prüfer an die des Vorstands gebunden ist, folgt hieraus, dass diese im Rahmen einer außerordentlichen Vorstandswahl automatisch ebenfalls neu zu wählen sind.
Ein Vorlauf von dreieinhalb Monaten ist nicht „unverzüglich“. Im Fall aufgelöster Bundes- oder Landtage muss eine Partei in der Lage sein, zu Aufstellungsversammlungen binnen weniger Tage einzuladen. 2012 führte der LV NRW nach einem Vorlauf von zwei Wochen eine Aufstellungsversammlung durch. Da es eine Vielzahl überzeugenderer und wirtschaftlicherer Angebote als den für Ende Juni in Halle angekündigten Parteitag gab, ist das aktuelle Vorgehen der Beteiligten grob satzungswidrig.
Vorstandssitzung vom 10.04.2014