Fragt man Mitglieder in der Piratenpartei Deutschland, wo sie die großen Probleme der Partei sehen, werden die meisten sicherlich die Streitkultur mit Betonung auf Streit nennen. Je nachdem wen man gerade konkret fragt werden Methoden, Mobbing oder Flügelkämpfe genannt. Auch mit Lösungen sind viele schnell vorne mit dabei. Gerne wird immer wieder der Wunsch des personellen „Rauswurfs“ geäußert. Oft mit dem Hinweis auf „PAV“ (Parteiausschlussverfahren).

Mal ungeachtet der Details hinter diesen vielen geäußerten Problemen will ich mich hier an dieser Stelle auf unsere innerparteiliche Jurisprudenz konzentrieren. Diese ist notwendig bzw. vom Gesetzgeber vorgeschrieben und muss einige Erfordernisse erfüllen. Wir benötigen Schiedsgerichte und vorgesehene Berufungsinstanzen. In der Piratenpartei haben wir die Schiedsgerichte auf die Landesgliederungen verteilt und als nächsthöhere Instanz das Bundesschiedsgericht (BSG).

Nun ist es der Natur der Sache geschuldet, dass die meisten Schiedsgericht-Richter in den Landesschiedsgerichten ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen. Auch wenn die ehrenamtliche Tätigkeit sicherlich eine Ehrensache ist und auch hohe Wertschätzung verdient, so sind dennoch alle Erfordernisse aus dem Vereinsrecht als auch dem Parteigesetz voll umfänglich zu erfüllen. Leider, das zeigen einige Landesschiedsgerichte häufiger als andere, ist das notwendige juristische Bewusstsein nicht immer vorhanden. Mitunter haben wir mittlerweile sogar Landesschiedsgerichte, welche meinen eine politische Agenda verfolgen zu dürfen oder welche sich als erweiterten Arm ihres Vorstands begreifen, obwohl der Gesetzgeber nicht ohne Grund einer Verquickung von Partei und Richteramt eine klare Absage erteilt.

So kommt und kam es immer wieder zu oft rechtswidrigen Verfahren welche eher eine deutliche politische Richtschnur erkennen lassen und eben nicht ein faires objektives, den Erfordernissen deutscher Gesetze und unserer Partei-Satzung gemäßen Ausrichtung. Nun haben beschwerte Parteien in einem Rechtsstreit das Mittel der Beschwerde bzw der Berufung. So sieht auch das Parteigesetz eine vorgeschriebene Berufungsinstanz vor. Diese ist notwendig um zum Beispiel etwaige Fehlleistungen eines Schiedsgericht zu prüfen und ggf. Beschlüsse/Urteile aufzuheben und/oder zurück zu verweisen.

Von vielen in der Partei leider erst zu spät realisiert wurde das Problem, dass unsere eigentliche Berufungsinstanz, das BSG, sich schon seit Jahren nicht mehr wie eine Berufungsinstanz verhält. Tatsächlich verfolgt das Bundesschiedsgericht eine Personen-abhängige bzw politische Agenda. Das geht soweit, dass Anträge von missbilligten Antragstellern gar nicht bearbeitet werden oder auch nur berücksichtigt werden oder gar mit teilweise juristisch abenteuerlichen, keiner ordentlichen Gerichtsbarkeit beständigen, Rechtsverdrehungen abgelehnt werden. Umgekehrt kann es aber auch passieren, dass wenn der Antragsteller aus einer dem BSG naheliegenden „politischen Heimat“ kommt, Anträge, selbst wenn sie offensichtlich rechtswidrig oder Erfordernissen nicht genügen, durch gewunken werden. In einem besonders schweren Fall, der mir bekannt ist, hat das BSG sogar die Herausgabe von Protokollen an eine unliebsame Verfahrens-Partei verweigert (obwohl das BSG zur Herausgabe verpflichtet ist), rechtswidrige geheime einseitige Absprachen mit einer Streitpartei begangen und sogar Landesvorstände unter Druck gesetzt ohne irgendeinen dieser Vorgänge zu dokumentieren. Es war Zufällen und menschlichen Versagen geschuldet, dass solche Vorgänge ans Licht gerieten. Aber eines ist damit klar. Das BSG wird in offenkundigen und erheblichen Maße den Erfordernissen, welche an ein BSG geknüpft sind, nicht ansatzweise gerecht und verstößt wiederholt vorsätzlich gegen Partei-Grundsätze, deutschen Gesetzen (darunter das Parteigesetz) und gegen unsere Satzung.

Deshalb: Wir haben derzeit kein BSG. Wir haben ein politisches Exekutionsgericht, welches nicht vor vorsätzlichen Rechtsbrüchen zurückschreckt und sich nur als BSG bezeichnet. Amtsmissbrauch ist derzeit dort ein Tagesgeschäft!

Deshalb: Wir BRAUCHEN ein Bundesschiedsgericht! An der Stelle von Willkür, politisch motivierter juristischer Verfolgung und vorsätzlichen Rechtsbrüchen, müssen wieder überprüfbare, faire, objektive und nüchterne Verfahren (die auch einer Prüfung durch ordentliche Gerichtsbarkeiten standhalten) stattfinden. Es müssen Personalien in das BSG, welche sich der Tragweite und dem Wert des Amtes bewusst sind; Personalien welcher sich der Tragweite von Entscheidungen bewusst sind. Wir brauchen dort Personalien die mit Rückgrat, den Blick fest an der Satzung und deutschen Gesetzen, Recht sprechen und dafür sorgen, dass das BSG wieder ein Ort wird, an welchen Recht gesprochen wird und in der Abwägung zwischen Mitgliederrecht und Partei die Grundrechte und Mitgliederrechte obsiegen.

20140615_173127Als ein Mensch mit intimen Kenntnissen vieler rechtswidriger Vorgänge im BSG, der weiß an welchen Schrauben gestellt werden muss, um Taten wie sie dort mit politischen Kalkül begangen wurden, zukünftig zu vermeiden, als jemand der seit seinem 11 Lebensjahr sich stets juristisch belesen hat und als jemand dem die Satzung der Piratenpartei und die Rechte der Mitglieder wichtiger sind als politische Agenden, kandidiere ich für das BSG! Nicht weil ich gerne kandidieren würde. Ich hasse es zu kandidieren. Nicht weil ich gerne ein Amt hätte. Ich bin eigentlich viel lieber beratend im Hintergrund. Nein, ich kandidiere weil es notwendig ist und ich es der Partei und mir schuldig bin, alles zu tun, ein BSG zu ermöglichen und die bisherigen schwerst Partei schädlichen Mitglieder des BSG zu verhindern.

Ich werde oft gefragt warum ich die Vorgänge im Bundesschiedsgericht nicht mit Unterlagen untermauer bzw. keine Unterlagen veröffentliche. Das hat mehrere Gründe:

  1. Datenschutz. Die Verfahren sind meist nicht öffentlich und/oder es werden Informationen Dritter (Keine Amtspersonen) berührt.
  2. Schutz der Partei. Viele der Vorgänge sind so extrem, dass würden sie voll umfänglich publik gemacht werden, wir die Partei direkt einmotten könnten. Selbst zu dieser nur an der Oberfläche kratzenden Berichterstattung musste ich mich überwinden. Ich habe es aber dennoch getan, um die Notwendigkeit eines neu besetzten BSG zu verdeutlichen.

2014 holten wir uns den Bundesvorstand zurück. Nun das Bundesschiedsgericht!

Update: Mittlerweile hat Rechtsanwalt Markus Kompa ebenfalls über die Machenschaften des BSG gebloggt und damit alles bestätigt was ich hier schrieb. Aber lest selbst: Parteigerichtsbarkeit oder Peergroup-Tentakel